Stress

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Stress und Gesundheit: Akute und chronische Auswirkungen auf den Körper

Stress ist eine evolutionär verankerte Überlebensreaktion, die in akuten Gefahrensituationen lebensrettend sein kann. In der modernen Welt wird Stress jedoch oft chronisch – mit verheerenden Folgen für die Gesundheit. Während akuter Stress das Immunsystem kurzfristig mobilisiert, führt chronischer Stress zu systemischen Schäden, die Krankheiten wie Bluthochdruck, Depressionen oder Autoimmunerkrankungen begünstigen. Dieser Text verbindet aktuelle Erkenntnisse aus Psychoneuroimmunologie und Stressforschung, um die bidirektionale Beziehung zwischen Stress, akuten Infekten und chronischen Erkrankungen zu erklären.

Biologische Stressmechanismen: Vom Überlebensreflex zur Krankheitsursache

Akute Stressantwort: Kampf oder Flucht

Bei akuten Bedrohungen aktiviert das Gehirn über den Hypothalamus zwei Hauptsysteme:

  • Sympathisches Nervensystem (SNS):
    • Adrenalin und Noradrenalin steigern Herzfrequenz, Blutdruck und Blutzucker.
    • Immunsystem: Natürliche Killerzellen (NK-Zellen) und Neutrophile werden mobilisiert, um Infektionen abzuwehren (Dhabhar, 2014).
  • HPA-Achse:
    • Cortisol wird ausgeschüttet, unterdrückt vorübergehend Entzündungen und mobilisiert Energiereserven.

Ziel: Kurzfristige Anpassung an Gefahren (z. B. Flucht vor einem Angreifer).

Chronischer Stress: Dysregulation und allostatische Last

Anhaltender Stress führt zur Erschöpfung der Anpassungsfähigkeit (McEwen, 1998):

  • Cortisolresistenz: Zellen reagieren nicht mehr auf Cortisol → persistierende Entzündungen.
  • Mitochondriale Dysfunktion: Chronisch hohe Cortisolspiegel stören die ATP-Produktion.
  • Oxidativer Stress: Überproduktion reaktiver Sauerstoffspezies (ROS) schädigt DNA und Proteine.

Stress, Energie und Mitochondrien

Mitochondrien, die energieproduzierenden Organellen in unseren Zellen, sind nicht nur für die ATP-Synthese verantwortlich, sondern auch zentrale Akteure in der Stressantwort. Chronischer Stress – sei er psychisch (z. B. Angst, Burnout) oder physiologisch (Entzündungen, Toxine) – stört die mitochondriale Funktion auf mehreren Ebenen und trägt so zur Entstehung chronischer Krankheiten bei.

Akute Krankheiten unter Stress: Wenn das Immunsystem kippt

Immunologische Ambivalenz: Schutz vs. Überreaktion

  • Kurzfristige Immunaktivierung:
    Akuter Stress erhöht vorübergehend proinflammatorische Zytokine (IL-6, TNF-α), um Infektionen abzuwehren.
    • Beispiel Impfung: Stress am Impftag verbessert die Antikörperantwort (Burns et al., 2003).
  • Risiken der Überaktivität:
    • Asthmaanfälle: Stress triggert Bronchokonstriktion und Entzündungen der Atemwege.
    • Urtikaria: Histaminausschüttung führt zu juckenden Quaddeln.

Infektanfälligkeit durch Stress

Trotz initialer Aktivierung schwächt langanhaltender akuter Stress die Abwehr:

  • Cortisol-vermittelte Suppression:
    • Reduzierte Lymphozytenaktivität: T-Zellen und B-Zellen werden gehemmt.
    • Herpes-Reaktivierung: Latente Viren brechen aus (Glaser & Kiecolt-Glaser, 2005).
    • Erhöhte Infekanfälligkeit: Gestresste Proband:innen infizierten sich in der Cold-Study 57 % häufiger mit Rhinoviren (Cohen et al., 1991).

Akute gastrointestinale Folgen

  • Stressdiarrhö: Serotoninausschüttung im Darm steigert die Motilität.
  • Stressgastritis: Reduzierte Schleimproduktion + erhöhte Magensäure → Schleimhautschäden.

Chronische Krankheiten: Wenn Stress zum Dauerfeuer wird

Herz-Kreislauf-Erkrankungen

  • Mechanismen:
    • Chronischer Bluthochdruck schädigt Gefäßwände → Atherosklerose.
    • Stresshormone fördern Plaqueruptur durch IL-6 und CRP.
  • Studie: Psychosozialer Stress erhöht das Herzinfarktrisiko um 30 % (Interheart-Studie, Yusuf et al., 2004).

Diabetes Typ 2 und Metabolisches Syndrom

  • Insulinresistenz: Cortisol hemmt die Glukoseaufnahme in Muskelzellen.
  • Viszerale Fettleibigkeit: Stress fördert Fetteinlagerungen im Bauchraum.

Psychische Störungen

  • Depression:
    • BDNF-Mangel: Chronischer Stress reduziert den Brain-Derived Neurotrophic Factor, der Neuronen schützt.
    • Entzündungshypothese: IL-6 und TNF-α stören die Serotoninsynthese.
  • Angststörungen:
    Überaktive Amygdala und GABA-Dysregulation verstärken die Stresswahrnehmung.

Autoimmunerkrankungen

  • Beispiel Rheumatoide Arthritis:
    Chronische Entzündungen durch Cortisolresistenz zerstören Gelenke.
  • Mechanismus: Mitochondriale DAMPs (z. B. zellfreie mtDNA) aktivieren das NLRP3-Inflammasom.

Psychosomatik: Die Brücke zwischen Körper und Psyche

 Biopsychosoziales Modell (Engel, 1977)

Krankheiten entstehen durch das Zusammenspiel von:

  1. Biologischen Faktoren (Gene, Hormone),
  2. Psychischen Faktoren (Trauma, Coping-Stil)
  3. Sozialen Faktoren (Armut, Isolation).

Beispiel Fibromyalgie: Genetische Prädisposition + emotionaler Stress → chronische Schmerzen.

Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS)

  • Physiologische Folgen:
    • Erhöhte zellfreie mtDNA im Blut als Marker für mitochondrialen Stress.
    • Hyperaktivität der HPA-Achse → Schlafstörungen und Hypervigilanz.

Fazit

Stress ist ein biologisches Chamäleon:

Akuter Stress kann uns schützen, chronischer Stress zerstört die Gesundheit. Während kurzfristige Adrenalinschübe die Abwehr stärken, führen anhaltende Cortisolspiegel zu Entzündungen, mitochondrialem Burnout und psychosomatischen Leiden. Die Integration von Stressmanagement in Medizin und Gesellschaft ist kein Luxus, sondern eine Überlebensstrategie für das 21. Jahrhundert.

 

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Bücher, Referenzen

Grundlos erschöpft?: Nebennieren-Schwäche – das Stress-Syndrom des 21. Jahrhunderts. Was ist Cortisol-Mangel und wie können wir ihn heilen? J. L. Wilson, 2011

Das Stress-weg-Buch – Das Geheimnis der Resilienz: Was Stress mit unserem Körper macht – und wie wir ihn von innen abstellen können, U. Strunz, 2022

Stress im Fokus: Strategien zur Stressbewältigung - Prävention, Ernährung und Vitalstoffe für mehr Energie, G. Hergenhan, 2024

Picard, Martin, and Bruce S. McEwen. "Psychological stress and mitochondria: a systematic review." Biopsychosocial Science and Medicine 80.2 (2018): 141-153

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